Für ein Krankenhaus ist es in der Tat von unschätzbarem Wert, abseits von der Hast und Unruhe der Stadt, in möglichst inniger Verbindung mit der Natur und ihren Heilkräften zu sein. Der Stil, in dem das Krankenhaus gebaut wurde, entspricht ganz den Grundsätzen moderner Architektur: Einfache, schlichte Linienführung, worin sich Zweckmäßigkeit und Schönheit verkörpern. … Vom Erdgeschoss bis unters Dach ist der frohe stimmungsvolle Farbenreichtum vorherrschend, der noch besonders erhöht wird durch die Fluten von Licht und Luft, welche durch die hohen Fenster in reichlichem Maße hereinströmen. Und von allen Fenstern, Veranden und Liegehallen schweift der Blick über das satte Grün des bewegten Waldes. Eine schönere Lage konnte das Krankenhaus in der näheren Umgebung Geras nicht haben als auf dieser Höhe.
Heute klingt es seltsam, aber die Pathologen erwähnen zur Eröffnung ihres Instituts im September 1950 stolz ihren neuen Schwangerschafts-Schnelltest.Tatsächlich können sie den damals als Krötentest bekannten biologischen Test deutlich verkürzen, in dem sie eine neue Methode einsetzen. Dafür wird männlichen Erdkröten eine kleine Menge Harn der Patientin gespritzt. Wenn die Frau schwanger ist, enthält ihr Urin das Schwangerschaftshormon, das den Frosch innerhalb von zwei Stunden zur Produktion von Spermien veranlasst. Diese werden nach außen abgegeben und sind unter dem Mikroskop zu sehen. Bereits in den 1940er Jahren gibt es den „Apothekerfrosch“. Dabei handelt es sich jedoch um importierte afrikanische weibliche Krallenfrösche, das Testergebnis liegt erst nach 18 Stunden vor. Die in Gera angewandte neuere Methode kommt mit heimischen Erdkröten aus, gilt als schnell und zuverlässig. Wo die Kröten im Institut gehalten werden, ist leider nicht überliefert.
…Sodann erreichte mich am 12.11.1965 noch Ihr Brief, in dem Sie mir über die letzten schweren Tage der Patientin und ihren Tod berichten. Haben Sie recht herzlichen Dank für die tröstlichen Worte, die mir über mein tiefes Leid hinweghelfen werden. Sehe ich doch daraus, dass sie wohl nie hätte ganz gesunden können und – dass sie ein stilles Ende ohne Todeskampf hatte.
Mein ungarischer Brieffreund „Jozsi" weilte als Gast in unserer Familie, um seine Sprachkenntnisse in Deutsch zu festigen.
Am 21. Juli 1963 holte ich ihn von Dresden ab und wir verliebten uns sofort ineinander. In der Familie wurde er herzlich aufgenommen und wir planten Ausflüge, damit er unsere Thüringer Heimat kennenlernen sollte.
Doch dann kam alles anders.
Ich hatte mir eine starke Angina zugezogen, und unter Verdacht auf Diphterie wurde ich ins Krankenhaus eingewiesen.
Natürlich kam ich in die Infektionsabteilung und somit waren auch Besucher ausgeschlossen: Unsere schöne, kostbare, gemeinsame Zeit mit Jozsi verging, ohne dass wir unsere Pläne verwirklichen könnten.
Am zweiten Tag in meinem Isolierzimmer, das Mittagessen stand noch unberührt, weil es beim Schlucken immer noch wie Nadeln im Hals stach, träumte ich vor mich hin. Plötzlich klopfte es.
Teilnahmslos blickte ich zum Fenster in Erwartung der Medikamente, die mir die Schwester bringen würde. Da hörte ich meinen Namen leise, mit ungarischem Akzent und als ich mich umwandte, stand er, Jozsi, vor meinem Krankenbett.
Vor Überraschung konnte ich gar nichts sagen, da mir das Sprechen sowieso schwer fiel. Doch das war es nicht.
Vielmehr war es die Tatsache, dass Jozsi mich besuchen durfte.
"Was machst du denn hier, wieso kommst du zu mir?", stotterte ich."
"Ja, ich habe mich einfach angesteckt!"
Natürlich, er hatte sich angesteckt, was ja bei unserer Verliebtheit nicht ausbleiben konnte. Von dem Tag an hatte ich einen Leidensgefährten auf der Infektionsstation. Und was soll ich sagen, es waren die schönsten vierzehn Tage, die ich bei meinem, unserem Krankenhausaufenthalt erlebte.
Die Schwestern hatten jetzt nun noch die Funktion des Postillion d'Amour. Früh, Mittag und Abend zogen sie aus ihren Schürzentaschen die kleinen Briefehen von ihm und mir und schmunzelten. Jede volle Stunde verabredeten wir, dass wir uns sehen konnten. Ich am Fenster, er im Erkervorbau. Und so vergingen die vierzehn Tage viel zu schnell. Zusammen konnten wir schließlich das Krankenhaus verlassen. Er war voll des Lobes über die gute medizinische Behandlung der Ärzte, über die Pflege und Fürsorge der Schwestern sowie das Entgegenkommen gegenüber ihm als Ausländer und nicht zuletzt das Verständnis aller, was uns beide betraf.
Aber als so schlecht empfanden viele Patienten diese großen Schicksalsgemeinschaften, die bis zum Umbau 1978 existierten, gar nicht, denn man tröstete und half sich gegenseitig, man spielte und lachte zusammen und mancher ausgeheckter und durchgeführter Schabernack bot wochenlangen Gesprächsstoff, vor allem im Männersaal. Mit aller Zurückhaltung möchte ich eine Situation schildern, die ich als ganz junger Assistent in diesem Saal erlebte. Der Oberarzt machte mit Schwester Edeltraut und mir Visite, es war ganz still, wir gingen von Bett zu Bett. Da entwich dem Oberarzt doch mitten im Saal nach hinten heraus relativ laut etwas Luft, was er immer als natürlichste Sache von der Welt angesehen hatte. Totenstille, langsam drehte sich der Oberarzt um und sagte mit dem Kopf etwas wiegend: „Aber Schwester Edeltraut…". Diese rannte mit hochrotem Kopf hinaus, die Männer lachten und johlten so, dass wir Angst um ihre Nähte bekamen.
Ich könnte an dieser Stelle unzählige Anekdoten erzählen!
Doch die Persönlichste ist auch die Schönste: Es war der Sommer 1975. Ich war 19 Jahre jung und hatte meinen ersten Dienst nach dem Urlaub angetreten. Damals habe ich in der Unfallchirurgie gearbeitet. Auf dem Flur stand ein Zugang und wartete auf seine OP: Der junge Mann brach sich bei einem Verkehrsunfall den rechten Art und das rechte Bein. Damals bedeutete diese Diagnose: monatelanges Gipstragen und Liegen.
Zu dieser Zeit beschränkten sich die Tätigkeiten der Schwestern und Pfleger nicht allein auf die Pflege. Neben der Reinigung der gesamten Station inklusive Krankenzimmern und anderen hauswirtschaftlichen Aufgaben, standen wir viel enger im Kontakt mit unseren Patienten, als es heute leider möglich ist. Wir waren sozusagen die Mädchen und Jungs für Alles. Nunja und so gab es die Gelegenheit den ‚Verunfallten‘ näher kennenzulernen. Weil er das Schreiben nach dem Entfernen des Unterarmgipses üben musste, schrieb er mir viele kleine Zettelchen, welche anfangs noch heimlich in meine Schürzentasche wanderten. Im Laufe des Klinikaufenthaltes verliebten wir uns ineinander und verloren auch nach der Entlassung nie mehr den Kontakt…. seit mittlerweile 45 Jahren!
Wir heirateten, gründeten eine Familie und blieben bis zur Rente mit dem Krankenhaus verbunden. Meinem Mann gefiel die Arbeit auf Station so gut, dass er seinen damaligen Beruf aufgab und selbst die Krankenpflegeausbildung absolvierte. Bis zum Eintritt seiner Rente war er im Rettungsdienst der Stadt Gera tätig. Und was soll ich sagen: Auch unsere beiden Kinder wurden vom Pflegevirus infiziert und erlernten den Beruf der Krankenschwester bzw. des Krankenpflegers. Unsere Tochter ist noch heute in der Klinik am Krankenbett aktiv und unser Sohn bildete sich nach seiner Pflegelehre zum Arzt weiter. Seit 4 Jahren arbeitet er ebenso wieder am Wald-Klinikum Gera.
Es gab also Jahre, da war die gesamte Familie im Krankenhaus tätig. Für uns alle wurde dieser pflegende Beruf zur Berufung! Sie können ruhig sagen: Das Krankenhaus Gera hat mein Leben geprägt.
Zu DDR-Zeiten war die Notaufnahme nachts bei weitem nicht so voll wie heute. Beim diensthabenden Arzt stand ein Fernseher im Zimmer. So lange nichts anlag, haben wir uns dort getroffen – die chirurgische Dienstgruppe, der Anästhesist, die OP-Schwester… Es muss 1980 gewesen sein. Olympische Spiele, wir haben Hochsprung angeschaut. Irgendwas hat uns dann geritten, dass wir unseren eigenen Hochsprung ausgetragen haben. Anlauf im Flur, Absprung auf das Bett des Dienstzimmers und mit dem Fuß so hoch wie möglich an die Wand... Die Höhen haben wir mit Bleistift markiert und die Namen dran geschrieben. Aber natürlich gibt es immer Kollegen, die über so etwas nicht lachen können. So wurde die Sache Chefarzt Prof. Schröder gesteckt. Der sagte also am nächsten Tag neugierig zum ersten Oberarzt: „Herr Kopetsch, wir müssen uns das ansehen!“. Dr. Kopetsch schwante nichts Gutes, er wollte besänftigen und ablenken. Da antwortete Prof. Schröder spitzbübisch: „Ich will doch wissen, wer gewonnen hat.“
Wir haben 1984/85 unsere neue Apotheke bezogen. Unser neues Domizil war geräumig und sehr modern ausgestattet. Es gab z. B. eine Kühlzelle, eine moderne Glas-Destille und einen Raum, wo die Dialyse-Konzentrate angesetzt und gemischt werden konnten. Und es waren auch Rauchmelder vorhanden, kleine, unscheinbare, mausgraue Plastiknäpfchen, die an der Decke montiert waren. Um deren Bedeutung wussten wir, aber haben nicht weiter darüber nachgedacht. Wir waren also so ein klein wenig eine Vorzeige-Apotheke im Geraer Apothekenwesen. So bekamen wir an einem Nachmittag Besuch vom Herrn Kreisapotheker. Er kam durch den „Hintereingang“, weil man dort parken konnte, ging durch unsere Herstellungsräume, es fanden kurze Gespräche statt. Dass unser Kreisapotheker ein passionierter Pfeifenraucher war, wussten wir alle und so zog auch bald der Duft von „Prestige-Vanille Tabak“ durch die Räume. Der Spontanbesuch endete, der Apotheker verließ uns durch die Hintertür, der Tabakgeruch blieb. Es vergingen keine 10 Minuten und wir trauten unseren Augen kaum, da marschierten durch die vordere Eingangstür etwa 10 oder 15 Kameraden der Geraer Feuerwehr ein. Jeder eine Axt in der Hand und kleidungsmäßig gerüstet für eine Brandbekämpfung. Ungläubig schauten wir diesem Szenario zu, denn es gab (zum Glück) keinen Brand. Diesen Anblick werden die, die damals dabei waren, wohl nicht vergessen. Die „kleinen mausgrauen Plastiknäpfchen“ an der Decke hatten ganz unauffällig ihren Dienst getan. Ab diesem Tag hat der Dispatcher dann erst in der Apotheke angerufen, wenn es verdächtige „Luftströmungen“ in der Apotheke gab, um derartige Fehleinsätze zu verhindern.
Wir haben den Neubau des Bettenhauses zwischen 1978 und 1985 begleitet. Er war ein bisschen vom Jenaer Uniklinikum abgeguckt. Eigentlich sollte dahinter noch ein weiteres Bettenhaus gebaut werden. Doch dafür fehlte das Geld. Inzwischen ist unser Bau abgerissen. Aber es ist schön, dass die Idee beibehalten wurde, zwei Bettenhäuser nebeneinander zu errichten.
Der entscheidende Durchbruch der arthoroskopischen Chirurgie war der Einsatz der Videotechnologie. Ich hatte das Glück, einen solchen Videoturm über die Hessenhilfe des Hartmannbundes für unser Krankenhaus zu bekommen. Nach Hospitationen bei den in der Schweiz und Westdeutschland führenden Arthroskopikern habe ich im Jahr 1994 die erste arthoroskopisch gestützte Kreuzbandplastik in Thüringen durchgeführt. Über 8 Jahre hindurch haben wir dann in Gera jährlich das „Thüringer Arthroskopiesymposium“ als Weiterbildungsveranstaltung organisiert. Auch beim arthroskopischen Ersatz des hinteren Kreuzbandes waren wir die Ersten in Thüringen. Damals kamen auch Patienten aus Sachsen und Sachsen-Anhalt zu uns zur Arthroskopie. Wegen der Verwendung von Videobildschirmen mussten die arthroskopischen Operationen in abgedunkelten OP-Sälen stattfinden. Das war natürlich vollkommen ungewohnt, und so passierte es zwei Anästhesisten, dass sie während der Operation einschliefen und vom Hocker fielen. Gott sei Dank waren keine Verletzungen zu beklagen. - So das war‘s in aller Kürze, man muss echt aufpassen, dass man nicht ins Schwärmen kommt!
Vor und nach meiner schweren Darmoperation war ich in einem Fünf-Mann-Zimmer untergebracht, ausgestattet mit fünf Betten, Nachtschränkchen, vier Stühlen und einem Kleiderschrank 2 mal 1,20 Meter Größe. Die größte Attraktion sind die Toiletten: zwei Stück mit Kabinen für etwa 20 Patienten. Wehe dem, der einen Durchfall erwischt oder gar einen Einlauf hinnehmen muss. Da ist im wahrsten Sinne die Kacke am Dampfen. Ich wünsche keinem Menschen eine bösartige Krankheit. Vielleicht wäre es aber vorteilhaft, könnten einige unserer Stadtväter eine derartige Kur verpasst bekommen. Dennoch gebührt ein großes Dankeschön den Ärzten und dem Pflegepersonal, die aus der Misere noch das Beste zu machen versuchen.
Ich war erst wenige Wochen zuvor an das Krankenhaus gekommen. Die Idee, dass es möglich sein muss, einen kompletten Lungenlappen endoskopisch, also durch drei kleine Öffnungen, zu entfernen, hatte ich schon länger. Schließlich wurden auf diese Art auch Tumore und kleinere Lungenabschnitte entnommen. Aber erst hier kam dann alles zusammen: Ein Patient, dessen Karzinom sich zwar in einem frühen Stadium befand, der aber für einen großen offenen Eingriff nicht fit genug war. Die notwendigen Instrumente. Und vor allem mit Oberarzt Täuscher ein guter, erfahrener Partner. So haben wir es gewagt. Die Herausforderung ist ja, im Körper, in den man nicht ohne weiteres hineinschauen kann wie bei einer offenen OP, die Gefäße ordentlich zu versorgen. Und es hat geklappt! Das hat uns stolz gemacht. Zu dem Patienten habe ich noch jahrelang Kontakt gehabt. Bis heute wird so operiert, wenn Lungenlappen entfernt werden müssen. Dass wir die ersten in Deutschland waren, habe ich übrigens erst vor ein paar Jahren auf einem Kongress erfahren, als es eine Umfrage unter Kliniken dazu gab.
Im Spektakel um die Privatisierung ist vieles nicht erzählt worden. Als uns die Landesregierung Anfang 2000 signalisierte, dass es für eine kommunale Sanierung keine Fördermittel geben würde, war im Aufsichtsrat schnell klar, dass eine Privatisierung die Zukunft sein würde. Ein politisch heikles Thema. Führende Rathausmitarbeiter haben erst einmal versucht, Partner zu finden. Damals sind aber auch Gewerkschafter zur Rhön AG gefahren; ohne eine Legitimierung in der Tasche. Schließlich haben wir ein qualifiziertes Bieterverfahren eröffnet. Ab da ist u.a. SRH ins Spiel gekommen. Ein Jahr lang wurde der Verkauf dann negativ im Stadtrat diskutiert. Das hat uns als Stadt Geld gekostet. Am Ende haben wir den Verkauf an SRH besiegelt, für über 38 Millionen Euro. Die Einnahmen sind in die Finanzierung der Bundesgartenschau Gera-Ronneburg geflossen. Deswegen hieß es damals in der Öffentlichkeit, das Klinikum sei für die Buga verkauft worden. Das stimmt einfach nicht, ausschlaggebend war die Verweigerung der Landesfördermittel für einen städtischen Krankenhaus-Betrieb. Eine Alternative gab es nicht. Ich habe mir damals viel Kritik eingehandelt. Und die Klinik-Mitarbeiter haben in vielen Ängsten gelebt - erst hatten wir einen Eigenbetrieb gegründet, dann eine gemeinnützige GmbH und dann haben wir uns hingestellt und erzählt, die Privatisierung sei das Beste. Aber am Ende haben uns die letzten zehn Jahre Recht gegeben: Heute hat Gera ein Krankenhaus, das im Wettbewerb mithalten kann. Einem Wettbewerb, der viel schärfer geworden ist, als wir vor zehn Jahren ahnen konnten.
„Meine Zukunftsaussichten? Mit der liebevollen und kompetenten Unterstützung durch die ambulante Palliativversorgung des SRH Wald-Klinikums weiter machen, so lange wie es geht. Mit dem Wissen, dass es bei einer Achterbahn hoch und runter geht, bis sie stehen bleibt. Wie im wahren Leben. Bis dahin will ich aber noch einige neue Dinge ausprobieren.“
Auf einem Kongress in Miami/Florida habe ich 2012 den amerikanischen Schmerzmediziner Samer N. Narouze kennen gelernt, der das noch junge Teilgebiet der „interventionellen Kopfschmerzmedizin“ vorstellte. Er konnte schon damals zeigen, dass die Stimulation der Kopfnerven über Elektroden bei schwerer und chronischer Migräne eine sinnvolle Alternative zu Medikamenten sein kann. Da ich aus der Pharmakologie und Toxikologie komme, hat mich der Ansatz sehr interessiert, der ganz ohne Medikamente auskommt. Noch im selben Jahr haben wir die Methode erfolgreich bei einem 56-jährigen Patienten eingesetzt. Nun sind einige Jahre vergangen und die Neuromodulation hat sich einen festen Platz in der Behandlung bestimmter Formen von Kopf- und Gesichtsschmerzen erobert. Zugleich gibt es viele neue Erkenntnisse über die Mechanismen und Wirkungen der Neuromodulation. Es bleibt also immer spannend. Ganz neu eingeführt haben wir zum Beispiel Interventionen an den Kopfgelenken. Weisen diese Schädigungen auf, kann das häufig schwere Kopfschmerzen auslösen. Unsere Klinik hat die Entwicklungen aktiv verfolgt und viele Verfahren in die eigene klinische Routine überführt. Somit können wir derzeit Patienten ein ganz breites Portfolio unterschiedlicher therapeutischer Optionen anbieten. Dafür hat unser Zentrum mittlerweile eine überregionale Bekanntheit erlangt.
Als besonderer Gag sollte zum ersten Spatenstich ein Geraer Fallschirmsportler neben dem damaligen Geschäftsführer, Herrn Vock, landen und ihm den Spaten quasi punktgenau übergeben. Natürlich konnte der Fallschirmspringer nur einen kleinen Klappspaten dabei haben. So musste sich Herr Vock dann mit diesem Spaten abfinden und kniend dem offiziellen Grabe-Akt hingeben. Das wirkte natürlich neben dem damaligen Minister Zeh, Prof. Hekking und Frau Donnig irgendwie witzig. Immerhin, die Tageszeitung titelte „Punktlandung zum Spatenstich“!
Die schönsten Momente waren für mich, als wir Stück für Stück den Klinikneubau bezogen haben. Da war wirklich viel Freude und Enthusiasmus zu spüren. Und obwohl so viele Mitarbeiter und Patienten umzogen, klappte alles auf die Minute, weil alle halfen und zusammenhielten. Der schlimmste Moment dagegen war für mich, als wir das Wismut-Krankenhaus im Sommer 2015 an die Stadt zurückgegeben haben und es kein Konzept für die Nachnutzung gab. Heute steht es leer und verfällt, das schmerzt schon, wenn man dort über Jahrzehnte gearbeitet hat.
Im Mai 2010 wurde mein Sohn geboren. Ich dachte, welch großes Glück! Einen Monat später erhielt ich die Diagnose: schwarzer Hautkrebs. Ein Tiefschlag. Warum ich? Wie geht es weiter? Wie erkläre ich das meiner Familie? Das sind Fragen, die man sich stellt und die niemand, wirklich niemand beantwortet. So allein hatte ich mich noch nie gefühlt. Mit Mitte 30 habe ich ein Testament gemacht und eine Patientenverfügung unterschrieben.
Seit 2013 bin ich Patient des Hautkrebszentrums Gera, Chefarzt Dr. Kaatz bot mir die Teilnahme an einer Immuntherapie-Studie an. Die ist kein Wundermittel, aber bei mir schlug die Therapie an. Ich habe den Ärzten und Schwestern hier viel zu verdanken. Und vielleicht helfen wir mit der Teilnahme an Studien Menschen mit der gleichen Krankheit, die nach uns kommen.
Früher bin ich vielem hinterher gerannt; neues Auto, tolles Haus, weite Reisen. Heute bin ich mit dem zufrieden, was ich habe. Wichtig sind mir meine Familie, die Freunde, erreichbare Ziele und der Gedanke, dass es immer weiter geht, auch mit Umwegen. Ich bin trotz der Diagnose beruflich vorangekommen, ich engagiere mich in meiner Stadt. Ich denke, wenn einem Leben geschenkt wird wie mir, muss man es auch leben.
Prof. Schramm hatte 1994 begonnen sich aktiv mit der Adipositaschirurgie zu befassen und in Italien hospitiert. Er war gleich begeistert und entschied, dass wir das auch in Gera anbieten müssten. Wir gehörten zu den ersten in Ostdeutschland. Schnell standen die ersten Patienten vor der Tür. Nur war die Klinik noch gar nicht darauf vorbereitet. Was sollten wir machen? Das Wiegen fand auf einer Küchenwaage statt, die Betten mussten in der Schlosserei verstärkt werden und die Schwestern wussten nicht recht, ob sie sich mit den Patienten überhaupt in den alten Fahrstuhl trauen sollten oder nicht. Als dann im Februar 1995 die erste OP anstand, wollten alle Ärzte dabei sein. Das war schon spannend. Prof. Schramm hatte übrigens Recht: Adipositas ist ein großes Thema geworden und wir sind heute dank der jahrelangen Erfahrung ein anerkanntes Zentrum.
September 1982, 1.Lehrjahr, Einsatz im Waldhaus. Die Öse (Stationsschwester) mit Haube und Schürze. Der Saal mit über 30 Betten, Gummi-Dauerschieber. Ich bin nach Hause und sagte zu meiner Mutti, das will ich nicht. Sie sagte: Du möchtest Krankenschwester werden, da musst Du jetzt durch. Heute 2019 bin ich immer noch mit Freude dabei. Danke!
Große Wehmut, ein Lächeln auf den Lippen. Es war eine verdammt gute Zeit. Weitläufiger Zusammenhalt, verbunden mit oft ausgestandener Knochenarbeit. Wir haben es getan für unsere Patienten. Wir haben uns Mut gemacht. Ich wünschte, die Zeit käme in Respekt und Humanität für alle Menschen dieser Erde zurück.
Ich denke noch oft an den sonnigen Septembermorgen vor 35 Jahren zurück, mein erster Tag als Schwestern-Schülerin.
Einer herzlichen Begrüßung durch unsere Lehrausbildung folgte die Einkleideprozedur. Wir Schwesternschülerinnen bekamen unsere rosa Kleidchen, die wir fortan mit um die Taille geschlungenen gleichfarbigen Gürtel, Feinstrumpfhosen und weißen Söckchen zu tragen hatten . Anmerkung am Rande: Für die damals sündhaft teuren Feinstrumpfhosen waren wir selbst finanzverantwortlich. Leider neigten diese sehr schnell zu Laufmaschen und schon nach 3 bis 5 Tagen war so mein Kontigent aufgebraucht. Aber wenn man als Schwesternschülerin etwas schneller läuft , dann friert man nicht...
Von unserer Lehrausbilderin, Frau Enzminger, erhielt dieser nun rosa gekleidete Pulk folgende Aufgabe. ,,Meine Damen, sie haben jetzt 2 Stunden Zeit. Nutzen sie diese und schwärmen sie ins Gelände des Krankenhauses aus . Schauen Sie sich um. Anschließend werden wir uns hier in den Räumen der Lehrausbildung wieder treffen. Dann werden sie einen Lageplan erarbeiten."
Wie toll war das denn? Mein Berufsleben beginnt mit zwei Stunden Freizeit, dachte ich. Doch ich hatte die Weite des Geländes und die Vielzahl der Stationen und Bereiche und die Anzahl der Extraräume unterschätzt. Die 2 Stunden reichten natürlich nicht aus, um sofort alles erfassen zu können. Gut, dass meine Mitschülerinnen vor dem gleichen Problem standen . Mit Bunt- und Bleistift, Radiergummi und Füller gelang es uns dann gemeinsam unseren eigenen Plan des Krankenhauses zu zeichnen. So waren wir schon am ersten Tag in der Lage auf Fragen der Patienten ,,Schwester, wo ist…?" kompetent zu antworten.
Aber was nutzt einem der beste handgezeichnete Plan, wenn die Realität erbarmungslos zuschlägt?
Gleich am ersten Wochenende, morgens 06.03 Uhr bekam ich den Auftrag, Blutröhrchen von meiner Einsatzstation ins Labor zu bringen.
Ich begab mich zwei Etagen tiefer in die Kellerebene. Dunkelheit umhüllte mich als ich die Stufen verließ. Wo war der Lichtschalter? Hätte man das nicht in den Plan eintragen können? Mir gruselte es. Da sah ich den Lichtschalter. Bing, bing, bing gingen die Neonröhren nacheinander an, erleuchteten segmentweise den vor mir liegenden Weg. Bis zur nächsten Abbiegung, bis zur nächsten gespenstig-gruseligen Dunkelheit und zum nächsten Lichtschalter. Noch nie war ich so glücklich und erleichterten Herzens die Stufen hinauf gestiegen. Meinen Auftrag, die Röhrchen ab zu geben, konnte ich schnell erfüllen.
Der Weg zurück auf meine Station war dann einfach. überall war ja nun schon das Licht an. Es machte mir auch nichts mehr aus, als die diensthabende Schwester mir sofort wieder 3 Röhrchen mit Blut entgegen hielt und mir auftrug diese ins Labor zu bringen.
Erst auf meiner dritten unterirdischen Wanderung kam mir ein Elektrokarren entgegen.
Die unterirdischen Tunnel waren doch ab und an belebt. Erst später fand ich heraus, dass es sogar Stoßzeiten gab, in denen es fast gar nicht möglich war, durchzulaufen. Aber das wäre ja schon wieder eine andere Geschichte.