Jana Prochnow leitet eine der größten psychiatrischen Kliniken in Thüringen und schlägt eine Brücke zwischen fachärztlicher und therapeutischer Versorgung.
Die Psychiatrie, das ist für die einen eine medizinische Fachdisziplin, für andere wieJana Prochnow ist sie zuerst einmal ein sicherer Ort. Ein Ort, der all das auffängt, was Menschsein bedeutet, wenn die Seele krank ist. „Wir verstehen uns als Schutzraum für jene, die unter psychischen Belastungen, Störungen oder Erkrankungen leiden und unsere Hilfe benötigen.“ Jana Prochnow ist seit Mai Chefärztin einer der größten psychiatrischen Kliniken in Thüringen mit 89 Betten und 35 teilstationäre Plätzen.
Suchterkrankungen, Depressionen, Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Demenz gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. So vielfältig die Krankheitsbilder sind, so multifaktoriell sind ihre Ursachen, sagt die Klinikleiterin. Es gibt nicht den einen Auslöser und nicht die einfache Erklärung. Deswegen sei für eine erfolgreiche Behandlung oft sowohl die Sicht des Mediziners als auch des Therapeuten wichtig. Dieser Ansatz, der in psychiatrischen Einrichtungen noch lange nicht gang und gäbe ist, soll die Klinik in Gera auszeichnen. „Wir wollen dahin kommen, dass jeder Patient, jede Patientin eine fachärztliche Behandlung nach neuestem Standard, aber grundsätzlich auch ein Psychotherapieangebot erhält. Sofern der Patient dies kann und will.“ Das ist ein anspruchsvolles Ziel und hat viel mit dem persönlichen Werdegang von Jana Prochnow zu tun.
Die gebürtige Geraerin hat in Berlin an der Charité-Universitätsmedizin studiert und absolvierte ihre Assistenzzeit an einer psychiatrisch-neurologischen Fachklinik in Brandenburg. Die Arbeit dort reichte von der Akutpsychiatrie bis zur tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie. „In dieser Zeit habe ich Psychotherapie von der Pike auf gelernt und mein Herz für dieses Fach entdeckt“, sagt die 46-Jährige.
Seit Jahren nehmen psychische Erkrankungen und die Nachfrage nach Behandlungen zu. Die Klinik in Gera hat für die Stadt und das Umland einen entsprechend großen Stellenwert. Doch die Fachabteilung hatte im vorigen Jahr mehrere ärztliche Weggänge zu verkraften, auch der langjährige Chefarzt Dr. Jochum verließ Gera. Zu den ersten Aufgaben der neuen Chefärztin gehört es deswegen, die Klinik in sichere Bahnen zu führen und mit neuem Personal zu stärken. Das tagesklinische Angebot, bei dem Patienten eine Therapie erhalten, aber in ihrem vertrauten sozialen Umfeld bleiben, soll ausgebaut werden. Zudem sieht Jana Prochnow dringenden Versorgungsbedarf bei Patient:innen über 60 Jahre, für die der Eintritt ins Rentnerdasein einen Bruch darstellt. „Es sollte selbstverständlich sein“, sagt sie, „dass man sich in Lebenskrisen Hilfe und Unterstützung sucht und dass man diese dann auch findet.“
Der Vorteil der Klinik sind ein junges Ärzte- und Therapeutenteam sowie eine starke, gut aufgestellte Pflege. Jana Prochnow ist zuversichtlich, die Klinik zukunftsfähig machen zu können. Als sie 2019 der Familie wegen aus Berlin zurück in ihre Heimatstadt kam, hat sie auch die Chance gesehen, hier etwas zu gestalten. Sie ist auf dem besten Weg. Ob als Vorstandsvorsitzende der Geraer Kunstschule oder als Chefärztin der Psychiatrie im SRH Wald-Klinikum.